Aktuelles Thema: Die Krise der Demokratie - Die Welt in Turbulenzen

Hier ein dynamischer, von ihr gewohnter, Highspeed-Vortrag von Maja Göpel, Politökonomin und Transformationsbegleiterin   "Was ist der Kitt, der uns zusammenhält?" , in dem Kintsugi eine Rolle spielt. Neugierig?

(Der Vortrag entspricht weitgehend dem, den sie am 10.11.24 über Zoom auf dem Benediktushof Symposium 2024 gehalten hat. Norbert und Klaus waren dabei.)

Aktuelle Lektüre

Hier kannst du in das Buch hinein lesen ... Leseprobe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Phillip Hübl erklärt in der Bucheinleitung die Grundidee seines Buches:

“Die Grundidee dieses Buches lautet daher:

Emotionen prägen unsere Moral und damit auch die Politik. 

Anhand unserer moralischen Emotionen kann man nicht nur den Rechtsruck besser verstehen, sondern auch, warum sich Stadtbewohner und junge Menschen nach Freiheit, Vielfalt und Offenheit sehnen und Ältere und Landbewohner nach Struktur und Tradition, kurz: warum die Welt polarisiert ist. Inzwischen wurden Hunderte von Studien zu moralischen und politischen Emotionen mit mehr als einer halben Million Versuchspersonen in allen Kulturkreisen der Welt durchgeführt. Aus den Ergebnissen dieser Forschung entspringen die vier Thesen dieses Buches. 

 

Erstens: Moral ist emotional. 

Unsere moralischen und damit auch politischen Werte stammen selten aus edlen Prinzipien, die wir aus der Vernunft herleiten, sondern zum Großteil aus Emotionen wie Angst, Zorn, Ekel, Scham und Schuld. Darum lässt uns Moral nicht kalt. Allerdings zählen zu den moralischen Emotionen nicht nur irrationale Ängste oder die Wut der aufgewiegelten Masse, sondern auch das Mitgefühl mit Schwachen oder die Hemmung, anderen zu schaden. Unsere Gefühle bewerten automatisch unsere Handlungen, indem sie sinngemäß sagen: »Das ist falsch« oder »Das ist richtig«, »Das sollst Du tun« oder »Das sollst Du lassen«. 

 

Zweitens: Moral ist biologisch. 

Wer den Menschen verstehen will, darf nicht nur auf Einkommen, Bildungsstand und Schichtzugehörigkeit achten oder auf das, was er sagt. Wir sind nicht nur Kulturwesen, sondern ebenso Naturwesen. Der Mensch hat einen Verstand und ist dennoch Tier geblieben. Er ist anfällig für Stammesdenken, empfänglich für Hierarchien, giert nach Anerkennung und ist ausgestattet mit einer angeborenen Neigung, Angst vor dem Neuen und Unbehagen gegenüber dem Fremden zu empfinden. Diese Neigungen äußern die wenigsten unmittelbar mit Worten, sondern durch ihre Taten, ohne sich dessen immer bewusst zu sein. 

 

Drittens: Moral polarisiert. 

Weltweit klafft zwischen Modernisten und Traditionalisten, zwischen Progressiven und Konservativen ein Riss, der größer wird. Es geht dabei um unsere moralische Identität, um die grundlegende Frage, welche Werte und Normen ein gutes Leben und eine gute Gesellschaft ausmachen. Der Riss zeigt sich nicht nur in der Politik, er geht durch die ganze Gesellschaft und betrifft uns alle im Alltag. Die neuen Bruchlinien verlaufen zwischen Alt und Jung, Land und Stadt, Tatort und Netflix, Auto und Fahrrad, Kaufhaus und Amazon, Ehe und Polyamorie, Nationalismus und Internationalismus, zwischen Vergangenheit und Zukunft. 

 

Viertens: Moral ist eine Entscheidung. 

Auch wenn unsere Werte oft archaischen Instinkten entspringen, sind wir unseren Emotionen nicht hilflos ausgeliefert, sonst gäbe es keinen moralischen Fortschritt, und wir würden immer noch so denken und handeln wie in der Steinzeit. Die Evolution hat uns mit der Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ausgestattet, mit der wir spontane Impulse überdenken und aktiv kontrollieren können. Die gute Nachricht lautet: Wir sind grundsätzlich autonom und können unsere Moral und unsere politische Gesinnung überdenken. Die schlechte: Wir machen von unserer Selbstbestimmung zu selten Gebrauch. 

 

Eine Linse für neue Einblicke 

Wer in Kopenhagen groß wurde, hält andere Werte für unumstößlich als jemand, der in einem Dorf in Afghanistan aufwuchs. Die Kultur prägt unsere Moral. Das ist eine Plattitüde und gleichzeitig nur die halbe Wahrheit. Denn wenn Erziehung und Kultur uns zu moralischen Wesen machen, stellt sich die Frage: Warum haben wir in unserem Kulturkreis nicht alle ungefähr dieselben Werte? Warum empfanden einige im Jahr 2015 Mitgefühl mit den Flüchtlingen und erlebten ihre Ankunft als Bereicherung, während andere die Fremden als Bedrohung sahen und ihnen mit Verachtung begegneten? Hier spielt nicht Angst die Hauptrolle, wie viele annehmen, sondern eine andere Emotion: Ekel. Das ist eine der vielen Überraschungen aus der Forschung. Ekel kann eine moralische Emotion sein, die den Umgang mit Fremden bestimmt. Im Deutschen trifft das Wort »Abscheu« diesen moralisch relevanten Ekel am besten. Eine Vielzahl an Studien zeigt: Je stärker sich Menschen ekeln, desto traditioneller und konservativer sind sie, und desto »unreiner« und »unnatürlicher« erscheint ihnen alles, was von der Normvorstellung von Leben, Tod und Sex abweicht: Homosexualität, Prostitution, Abtreibung oder Sterbehilfe. Man kann anhand der Ekelneigung weltweit politische Präferenzen zuverlässiger vorhersagen als anhand klassischer Merkmale wie Bildungsstand oder Einkommen. In archaischen Zeiten war Ekel vor verdorbener Nahrung und offenen Wunden ein wichtiger Schutz vor Infektionen. Dazu zählte auch der Abscheu gegenüber Fremden, die Keime und Parasiten übertragen konnten, gegen die es im heimischen Stamm keine Resistenzen gab. In der heutigen Zeit führt dieser Schutzmechanismus im Extremfall zur Fremdenfeindlichkeit.

 

Wer die menschliche Natur ergründen will, darf daher Ekel und andere Emotionen nicht ignorieren, denn sie bilden die Grundlage für sechs moralische Grundprinzipien, die man bei allen Menschen auf der Welt in unterschiedlicher Ausprägung findet: Fürsorge, Fairness und Freiheit auf der einen Seite, sowie Autorität, Loyalität und Reinheit auf der anderen.

Alle Menschen legen Wert auf die Prinzipien Fürsorge, Fairness und Freiheit. Werden sie verletzt, reagieren wir empört, also mit moralischem Zorn. Bei vielen im Westen stehen diese drei Prinzipien im Mittelpunkt ihrer Moral, daher kann man sie auch die drei progressiven »F«s nennen. Aber in der ganzen übrigen Welt und im Westen insbesondere unter den Konservativen und Rechten spielen daneben die anderen Prinzipien eine wichtige Rolle: Autorität, Loyalität und Reinheit. Werden sie verletzt, verspüren Menschen Abscheu, selbst wenn sie das so nicht beschreiben würden. 

 

In diesem Buch zeige ich, dass die sechs Prinzipien eine heuristische Schablone darstellen, eine Linse, durch die viele gesellschaftliche Phänomene in einem neuen Licht erscheinen. Natürlich gehören nicht alle Menschen eindeutig dem einen oder anderen Lager an, sie verteilen sich auf einem kontinuierlichen Spektrum. Und auch innerhalb einer Person können die sechs Prinzipien ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Typisch ist dennoch, dass die drei progressiven und die drei konservativen Prinzipien im Block zusammen auftauchen.

 

 

Zwei Artikel aus der evolve 43:

 

Das Heilige des Anderen - Spirituelle Resilienz von Thomas Steininger und Elisabeth Debold

 

- Ein neuer Nordstern  - Sinn und Orientierung in einer Zeit des Wandels von Tomas Björkman, Vertreter der Metamoderne

 

 Ebenfalls in der evolve 43:

 

Innere  Werte - Welche Seelenqualitäten sind nötig, um Demokratie zu leben?

Gesunde Demokratien erfordern ein grundlegendes kulturelles Entwicklungsniveau, das die

für selbstverwaltete Bürgerinnen und Bürger notwendigen »Seelenqualitäten« vermitteln kann. Die wichtigsten Seelenqualitäten für die Demokratie sind liberale Werte wie Redefreiheit, Gewissensfreiheit und wirtschaftliche Freiheit. Diese liberalen Werte entstehen in der kulturellen Struktur, die als Moderne bekannt ist. Nachhaltige Formen der Demokratie bedūrfen demnach eines Fundaments der modernen Kultur.

 

Die Kultur der Moderne beruht ihrerseits auf den früheren Errungenschaften der zugrundeliegenden Formen der traditionellen Kultur. Wo es der traditionellen Kultur gelungen ist, die

zivilisatorischen Werte Ehrlichkeit, Anstand und Fairness zu schaffen, kann sich die moderne Kultur entfalten. Aber ohne die Voraussetzung gesunder traditioneller Werte erliegen die Versuche, liberale Demokratien zu schaffen, oft der Korruption.

 

Der Aufbau einer besseren Form der Demokratie erfordert eine weitere kulturelle Evolution. Doch wie alle Formen der Evolution wächst auch die kulturelle Evolution aus sich selbst heraus und baut immer auf dem auf, was vorher war. Das bedeutet, dass wir, um weiter zu wachsen, die modernen und traditionellen Werte, die das Fundament unserer Zivilisation bilden, stärken und aufwerten müssen. Gut gemeinte progressive Werte können zu Rückschritten führen, wenn sie die bereits bestehenden Werte, auf denen sie beruhen, untergraben. Der Grad unserer Transzendenz hängt letztlich von der Reichweite unserer Integration ab.

 

Steve McIntosh, Entwicklungsphilosoph und Autor, Mitbegründer des Institute for Cultural Evolution


Thema: Leben - Tod - Transformation

SPIEGEL 19.05.24

SPIEGEL 21/24 - Was wir von Sterbenden über das Leben lernen können

 

 

 

 

 

"Denkanstoß" aus dem Magazin evolve (Nr 41/24)

Bitte  

Hilde Domin

 

Wir werden eingetaucht

und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen

Wir werden durchnässt

bis auf die Herzhaut

Der Wunsch nach der Landschaft

diesseits der Tränengrenze

taugt nicht

der Wunsch den Blütenfrühling zu halten

der Wunsch verschont zu bleiben

taugt nicht

 

Es taugt die Bitte,

dass bei Sonnenaufgang die Taube

den Zweig vom Ölbaum bringe

Dass die Frucht so bunt wie die Blume sei

dass noch die Blätter der Rose am Boden

eine leuchtende Krone bilden

 

Und dass wir aus der Flut

dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen

immer versehrter und immer heiler

stets von neuem

zu uns selbst

entlassen werden


Buchempfehlung

Mensch sein - Von der Evolution für die Zukunft lernen, Rowohlt, 2023

Die Autoren, der Evolutionsanthropologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel wollen evolutionäre Aufklärung zum Mensch sein betreiben und beziehen in ihrer Betrachtung vor allem die 99% der Zeit mit ein, in der die Menschen als Jäger und Sammler lebten. 

 

Wir sind nicht Schuld benennen sie das erste Kapitel und stellen damit Kants erweitertes Sapere aude in Frage: "Das berühmte Diktum Immanuel Kants, Aufklärung sei «der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit», basiert auf einem Irrtum und ist einer der Gründe dafür, warum die Aufklärung heute in der Kritik steht. Die Unmündigkeit war nicht selbst verschuldet." Macht neugierig! 

Siehe Buchauszüge im BLOG.


Thema: Wie gelingt die Transformation?


Thema: Neue Weltbilder


Thema: Die Tragödie des Gemeinguts

Aus Frank Schätzung, Was wenn wir einfach die Welt retten

 

Wer wir sind und sein können 

Es gibt ein paar Eigentümlichkeiten in unserem Verhalten, die es zu untersuchen gilt, nicht um bessere Menschen zu werden, so schlecht sind wir gar nicht. Die meisten von uns jedenfalls bleiben aber unter unseren Möglichkeiten. Der Grund dafür ist, dass die Saurier doch nicht komplett ausgestorben sind. Als sie im Asteroidenblitz das Zeitliche segneten, hinterließen sie der Nachwelt das sogenannte Reptilienhirn, eine etwas unscharfe Bezeichnung für den evolutionär ältesten Teil unseres Gehirns, der seit rund 500 Millionen Jahren sämtliche Wirbeltiere kennzeichnet, auch nicht Reptiloide, aber es macht halt Spaß sich vorzustellen, wir trügen alle ein bisschen T-Rex in uns spazieren.

 

Während viele Wirbeltiere im Laufe ihrer Entwicklung das limbische System und den Neocortex hinzugewonnen haben, müssen sich Echsen bis heute fast sämtlich mit der Erstausstattung zufriedengeben. Das Reptilienhirn, besser bekannt als Stammhirn, liest weder Shakespeare noch genießt es die Kunst der feinen Ausdifferenzierung, dafür regelt es ganz prima Herzschlag, Atmung, Nahrungsaufnahme und Verdauung. Es kann unfassbar vieles gleichzeitig. Während sie meine Worte hören, zersetzt ihr Organismus die letzte Mahlzeit, läuft ihr Stoffwechsel auf Hochtouren, wird Blut durch ihre Adern gepumpt.  Das Stammhirn ist die perfekte Steueranlage Tausender automatisierter Prozesse und verfügt über drei Notfallknöpfe: Erstarrung, Flucht und Kampf

Es reagiert auf Sinneseindrücke. Wittert oder sieht es Nahrung, lauten seine Kommandos jagen! fressen! Ganz oben auf seiner Prioritätenliste steht, sich unmittelbare Vorteile zu verschaffen, nicht durch Verhandeln - durch Zuschlagen.

 

Im Überlebenskampf haben wir davon profitiert. So ein Reptilienhirn ist eine feine Sache und für Shakespeare haben wir ja den Rest. Andererseits drängt sich das Reptil in den Vordergrund, wenn wir es am wenigsten gebrauchen können, etwa wenn es darum geht, unser persönliches Handeln weitsichtig auf die Bedürfnisse der Allgemeinheit abzustimmen, Ressourcen zu schonen und kurzfristige Vorteile gegen langfristig negative Folgen abzuwägen. So richtig schlecht sind wir auch daran übrigens nicht, aber eben auch nicht richtig gut. Darum haben wir eine Klimakrise, darum predigt man Kindern gebetsmühlenartig: Teilt es euch ein! und findet sie die Tafel Schokolade dann doch in einem Rutsch runterschlingen, darum sehen wir die Wand und fahren dagegen. 

Wir können nicht ändern, wer wir sind, aber wir können unser Verhalten zum Besseren wenden, wenn wir verstehen, warum wir sind, wie wir sind. (Hervorhebung von mir)

Bevor wir also in konkrete Handlungsoptionen einsteigen, mache ich sie mit zwei Theorien vertraut. Schon wieder Theorien werden sie sagen, wollten wir nicht über Action sprechen?  Absolut damit haben die Theorien zu tun, sie sind sozusagen die Software für Action im Klimathriller. Falls sie nicht schon in ihrer Großhirnrinde installiert sind, erlaube ich mir, das nachzuholen. Die erste Theorie ist die Theorie von der Tragik des Allgemeinzustand, klingt als hätten Peter Handke und die Wirtschaftsweisen zusammen einen Besinnungsroman geschrieben. ...


Thema: Der evolutionäre Prozess - Was treibt die Geschichte an?

Zusammenstellung: Klaus Stephan, April 2021, im wesentlichen aus Wikipedia 

 

Immanuell Kant, Philosoph (1724 - 1804)

„Der Mensch will Eintracht; aber die Natur weiß besser, was für seine Gattung gut ist: sie will Zwietracht.“

 

Der menschliche Hang zur „ungeselligen Geselligkeit“, durch den sich der Einzelne gegenüber der Gesellschaft abheben, aber ebenso wieder von ihr anerkannt und aufgenommen werden will. Darin sah KANT die treibende Kraft der Menschheitsentwicklung, die auf das Ziel einer weltbürgerlichen Gesellschaft zusteuert. Denn die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten befördern – als Ausdruck der „Ungeselligkeit“ – den Aufbau einer Staatengemeinschaft (Völkerbund), in der jeder Bürger über die Freiheit verfügt, sich nach den sittlichen Maßstäben der Vernunft zu entwickeln.

 

„Man kann die Geschichte der Menschengattung im Großen als die Vollziehung eines verborgenen Plans der Natur ansehen, um eine innerlich – und zu diesem Zwecke auch äußerlich vollkommene Staatsverfassung zu Stande zu bringen, als den einzigen Zustand, in welchem sie alle ihre Anlagen in der Menschheit völlig entwickeln kann.“

 

G. F. Hegel, Philosoph (1770- 1831)

Geschichte als Entfaltung des Weltgeistes

 

Hegel geht davon aus, dass einfach alles auf der Welt in ständiger Bewegung ist: das Leben jedes einzelnen, die Natur, die Geschichte, die Gesellschaft. Dabei unterliegt jede Epoche einem bestimmten "Zeitgeist": Eine historische Epoche reiht sich nicht willkürlich an die nächste, sondern folgt einem logischen Bewegungsprinzip.

Hegel verwendet dafür als Metapher das Wachsen einer Pflanze: Auch hier gehorchen die Reifephasen einem inneren Prinzip. 

 

Für Hegel folgt die Geschichte einer vorgegebenen Logik, in der es immer wieder zu historischen Widersprüchen und Umwälzungen kommt. Es sind Dialektische Veränderungsprozesse, die die Menschheit und damit die Geschichte jedes Mal ein Stück weiterbringen.

 

F. W. Joseph Schelling, Philosoph (1775 - 1854) (aus Philomag)

Die Natur selbst, und zwar die ganze irdische, endliche Natur, gerade auch die Natur des Mängelwesens Mensch, besitzt eine eigene, wenn auch noch anfangs unbewusste, dunkle, produktive Kraft, die sie zur Verwirklichung ihrer Freiheit antreibt. ... Im Medium der Natur erkennt der Geist sich wieder und findet zu sich selber – et vice versa: im Geist des Menschen schlägt die Natur die Augen auf und findet zur Erkenntnis, dass sie da ist.

 

Karl Marx, Philosoph (1818 - 1883)

Von Hegel beeinflusst

Entwickelt dessen Dialektischen Idealismus  zum Dialektischen Materialismus.

Die zentrale bewegende Kraft im bisherigen historischen Entwicklungsprozess der menschlichen Gesellschaft sah Marx – neben der schöpferischen Auseinandersetzung mit der Natur und der Gesellschaft – im Klassenkampf:

 

„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“

 

Eine besondere Rolle spielen dabei revolutionäre Umwälzungen: „Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte.“ 

Das Sein bestimmt das Bewusstsein: "Tatsächlich aber betonte Marx explizit die Dialektik der Wechselwirkung zwischen Sein und Bewusstsein. Auch das Bewusstsein kann das Sein verändern – gerade die Möglichkeit von Revolutionen beruhe auf dieser Freiheit des Menschen, die Verhältnisse bewusst umzugestalten, anstatt sich von ihnen beherrschen zu lassen."

 "Insbesondere die Entwicklung jener ökonomischen Basis sei neben den Klassenkämpfen die in der bisherigen Menschheitsgeschichte treibende Entwicklungskraft für die gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse."

 

Ernst Bloch, Philosoph (1885 - 1977)

Für Ernst Bloch ist die wertvollste Eigenschaft des Menschen seine Unzufriedenheit. Denn aus ihr resultiert sein Streben nach Verbesserung, sein Wille, etwas zu verwirklichen, das noch nicht ist, das sich in der Mangelerfahrung aber bereits abzeichnet. So lehrt etwa Hunger den Menschen, Werkzeuge für die Jagd zu erfinden, Kälte lässt ihn Hütten bauen.

 

Auf die aus der Mangelerfahrung geborene Sehnsucht jedes einzelnen Menschen, aber auch ganzer Gesellschaften gründet Bloch sein "Prinzip Hoffnung". Hinter dem viel zitierten Titel seines Hauptwerks verbirgt sich also keine Ratgeber-Philosophie. Bloch war auch kein besonders optimistischer Mensch. Vielmehr hat er Hoffen als zutiefst menschliche Regung erkannt und darin einen Prozess gesehen, der die gesamte Geschichte vorantreibt.

 

Richard Dawkins (1941 - )

Evolutionsbiologe

In seinem Buch Das egoistische Gen führte Dawkins 1976, als hypothetische Analogie zum Gen als Replikationseinheit der biologischen Evolution, den Begriff Mem als Replikationseinheit der kulturellen Evolution ein. Beispiele für Meme sind nach Dawkins: „Ideen, Melodien, Gedanken, Schlagworte, Kleidermoden, die Kunst, Töpfe zu machen oder Bögen zu bauen“. Meme vermehren sich demnach im Mempool, „indem sie von Gehirn zu Gehirn springen durch einen Prozeß, den man im weitesten Sinne als Imitation bezeichnen kann“, und unterliegen ebenso wie Gene Mutation und Selektion.

 

Carsten Bresch, Physiker (1921 - 2020)

,,Der Weg des Universums ist sichtbar: aus Chaos zum Kosmos zu

wachsen. Damit gewinnt auch mein Leben einen Sinn. Ich darf, ich kann, ich soll ein Teil sein - Teil der Complexification des Universums. Sinnvoll ist danach jedes Bemühen um Toleranz und Vertrauen, um Kooperation, Vernetzung und Harmonie, um Überwindung von Angst und Gewalt. Sinnvoll

ist jede Verbreitung von Wissen... Unbegreifliches steht am Anfang, wirkt in allem Geschehen und bleibt doch im Verborgenen, ist niemals Person. Alpha ist der Grund - der Grund aller Evolution. Mehr Worte machen es nicht klarer."

 

Ken Wilber (1949 - )

Integrale Philosophie

"Was ich zuerst über Liebe sagen möchte, ist, dass es sich dabei nicht nur um eine menschliche Emotion handelt, sondern um eine metaphysische Kraft. Es ist Eros, der die Evolution antreibt. Es ist das, von dem Dante sagt, dass es die Sonne und die anderen Sterne bewegt. Mit dem Urknall treten unzählige Teilchen in Erscheinung, und einige von ihnen treffen aufeinander, kommen zusammen, und diese Quarks verbinden sich zu Atomen, und Atome verbinden sich zu Molekülen. Und dann irgendwann, und das ist ein absolutes Mysterium, gibt es diese langen Molekülketten, irgendwo, und es kommt der Zeitpunkt, wo sich einige von ihnen zusammentun, und sich um sie herum eine physische Grenze bildet, und es entsteht eine Zelle. … "

 

Wulf Mirko Weinreich, Integraler Psychotherapeut2013: 

"Der wohl wichtigste Begriff bei Ken Wilber ist Evolution bzw. Entwicklung. Seit dem Urknall dehnt sich unser Universum aus und wird gleichzeitig immer kälter und ungeordneter" (Entropie) - ein thermodynamischer Zeitpfeil, der die quantitative Evolution beschreibt. Parallel dazu entwickeln sich im Universum jedoch immer komplexere und gleichzeitig bewußtere Strukturen. Die Zunahme von Komplexität und Bewußtheit scheint offensichtlich ein Gesetz der Evolution sein, das mit klassischen physikalischen Theorien nicht beschrieben werden kann. Diese Entwicklung erfolgt Wilber zufolge nicht ungerichtet und ausschließlich quantitativ, sondern gerichtet und über qualitativ deutlich voneinander unterscheidbare „Entwicklungsebenen", die mehr oder weniger fließend sind."

 

Steve Mcintosh (1960 - )

Integrale Philosophie

Die Geschichte entfaltet sich durch einen dialektischen Prozess, indem Konflikte die Transformation zu höheren Stufen der Organisation möglich machen.

Jede Bewusstseinsstufe entsteht als Antwort auf die grundlegenden Probleme ihrer Zeit. Die Struktur der Spirale ist dialektisch, weil ihre Entwicklung das bekannte Muster von These, Antithese und Synthese zum Ausdruck bringt. Die dialektische Beziehung zwischen den Stufen wird dann sichtbar, wenn wir jede Stufe als antithetische Reaktion auf die Probleme der vorangegangenen Stufe betrachten.

 

Die Entwicklungsebenen des Bewusstseins wiederholen die Stufen der menschlichen Geschichte. Wie in der biologischen Evolution der Embryo sich durch die Stufen des gesamten Lebensbaumes hindurch entwickelt, ist auch die Entwicklung jedes menschlichen Geistes eine ungefähre Rekapitulation der Evolution der kulturellen Geschichte des Menschen. Der Einzelne und die Kultur im Ganzen (auf der Mikro- und Makroebene) evolvieren zusammen durch die gleichen Stufen und Strukturen.

 

Diese Bewusstseinsstufen dienen als dynamische lebende Systeme, die gleichermaßen ganze menschliche Gesellschaften und den Geist von Einzelnen organisieren, die an diesen Gesellschaften teilhaben.

 


Thema: Kollektive Intelligenz - Dialogische Intelligenz

Die Dialogkultur des Irokesenbundes (aus Dialogische Intelligenz)

So wie die Agora, der Marktplatz der ldeen und der Konsensbildung, für die griechischen Stadtstaaten eine entscheidende Rolle spielte, haben sich in anderen politischen Verbänden staatsloser Gesellschaften konsensdemokratische Verfahren herausgebildet. Der Sokratische Dialog spielt für die Entwicklung der abendländischen Philosophie der Aufklärung eine ähnlich bedeutende Rolle wie Dialogprozesse in Sippen- und Clanstrukturen, beispielsweise im nordamerikanischen Irokesenbund. "The Great Law" der Irokesen hat nicht nur die Väter der US-amerikanischen Verfassung von 1776 inspiriert, sondern zum Beispiel auch Gottfried Herder zu selnem Werk "Die große Friedensfrau der Irokesen".

 

Möglicherweise haben sogar die konsensdemokratischen, dialogorientierten Entscheidungsprozesse das Uberleben der Mohawk und anderer First Nations" ermöglicht. Noch im Zweiten Weltkrieg sahen sich die Irokesen als eigenes Volk, das dem Dritten Reich 1944 eine eigene Kriegserklärung übersandte. Die Mitglieder des Irokesenbundes bewohnten Gebiete der US Bundesstaaten New York und der kanadischen Provinz Quebec und Ontario. Das "Great Law of Peace" (Kainerekowa) wurde nach einer Phase von Blutfehden in einem mühsamen Aushandlungsprozess entwickelt. Dieses Friedensgesetz ist Basis der Entscheidungsverfahren der Irokesenföderation von sechs Stämmen mit insgesamt 15.000 Menschen.

 

Die zeitlose Modernität des irokesischen Politikmodells liegt darin, dass weder Befehlen erlaubt, noch Gehorsam verlangt wird. Entscheidungen werden nur dann als bindend anerkannt, wenn sie vom allgemeinen Konsens in einem komplexen Dialogverfahren getragen werden. Führungspositionen bleiben immer von der Zustimmung der Gefolgschaft abhängig und haben nur repräsentative Sprachrohrfunktion. Dabei spielen in der matrilinearen Struktur die weiblichen Abstammungsgruppen (Owachira) die entscheidende Rolle. Die Verwaltung von Grund und Boden, sowie die Nahrungsmittelverfügung werden vom Frauenrat organisiert. Nach Beratung in den Owachira Dialogrunden werden die Vertreter des Clans, in erster Linie Männer, aber auch Frauen, für den Stammesrat bestimmt. Die Häuptlinge" sind aber an Weisungen gebunden. Jederzeit kann der Frauenrat verlangen, einen Versammlungspunkt wieder an die Basis für die Zustimmung aller Mitglieder zurückzugeben.

 


Thema: Mensch und Natur

 

Natur - Mensch - Erde - Kosmos (Zusammenstellung K.Stephan, 16.03.21)

 

Es ist mittlerweile unbestreitbar, dass wir Menschen dabei sind, unsere natürlichen Lebensgrundlagen und damit unsere eigene Existenz zu zerstören. Haben wir die Verbindung zur Natur verloren?

 

  • Sind wir Menschen Teil der Natur? Wenn ja, was meinen wir mit Natur?
  • Sind wir Teil der Biosphäre oder stehen wir über ihr?
  • Müssen wir uns der Biosphäre wieder unterordnen?
  • Ist die menschliche Moderne mit ihren Technologien letztlich unvereinbar mit den natürlichen Lebensbedingungen?
  • Ist die Erde ein lebendiger Organismus? Wenn ja, ist sie der menschlichen Zivilisation übergeordnet?
  • Müssen wir zurück zur Natur?

Hier einige Aussagen dazu

Hans Jonas - Das Prinzip Verantwortung 

Hans Jonas, Das Prinzip Verantwortung, Insel Verlag, Frankfurt am Main, 1979 (Dritte Auflage 1982) Aus Kapitel 5, I. Zukunft der Menschheit und Zukunft der Natur (S.245) 

“Die Zukunft der Menschheit ist die erste Pflicht menschlichen Kollektivverhaltens im Zeitalter der modo negativo ››allmächtig<< gewordenen technischen Zivilisation. Hierin ist die Zukunft der Natur als sine-qua-non offenkundig mitenthalten, ist aber auch unabhängig davon eine metaphysische Verantwortung an und für sich, nachdem der Mensch nicht nur sich selbst, sondern der ganzen Biosphäre gefährlich geworden ist. … Im wahrhaft menschlichen Blickpunkt bleibt der Natur ihre Eigenwürde, die der Willkür unserer Macht entgegensteht. Als von ihr hervorgebracht schulden wir dem verwandten Ganzen ihrer Hervorbringungen eine Treue, wovon die zu unserem eigenen Sein nur die höchste Spitze ist. Diese aber recht verstanden, befaßt alles andere unter sich. …"

 

Noosphäre und Biosphäre

Klaus Dylla, Erleben, ergründen, mitfühlen - Annäherung an eine ganzheitliche Sicht des Lebendigen, Vianova 1999

"In Kapitel 12 warnt Ken Wilber vor dem Elend der Aufklärung, vor der "Einebnung des Kosmos". Auch die Systemtheoretiker nämlich ebnen den Kosmos ein, indem sie ihn eindimensional verstehen. Dies ist dann der Fall, wenn Sie die von den Menschen organisierte Noosphäre der Biosphäre unterordnen. In der Wirklichkeit jedoch ist diese neue Sphäre (der Architektur, Technik, Literatur und Wissenschaft) der Biosphäre übergeordnet! Dies geht daraus hervor, dass wir Menschen eben - leider - mit der Biosphäre (zunächst !) machen können, was wir wollen. Langfristig allerdings schaufeln wir uns das eigene Grab. Wenn die Biosphäre weiterhin ernstlich verletzt wird, muss die übergeordnete Noosphäre verschwinden! Aus diesem Grunde ist es vordringliche Aufgabe der Menschheit, die Noosphäre in eine symbiotische Beziehung zur Biosphäre zu bringen ... ."

 

Tiefenökologie - Gemeinschaft mit dem lebenden Erdkörper

Joanna Macy, Urklang Magazin, Interview

"Tiefenökologie sieht die Erde als ein lebendes System, in dem alle Dinge miteinander verbunden und voneinander abhängig sind. Tiefenökologie unterscheidet sich von der traditionellen Ökologie dadurch, dass sie über den Anthropozentrismus hinausgeht, der alle ökologischen Probleme immer nur zum Nutzen, zum Vorteil oder zum Profit der Menschen reparieren will. Tiefenökologie konzentriert sich stattdessen auf die essentiellen Kreisläufe und Systeme der Natur selbst, um uns selbst dann zum Diener der Gesundheit des größeren Ganzen zu machen.

Und das befreit uns dazu, glaube ich, mit mehr Weisheit und Inspiration zu handeln. Dieser Ansatz versorgt uns zudem mit einem Gefühl der Zugehörigkeit zu unserem Universum. Es bringt uns heraus aus dem Gefühl der Isolation, der Entfremdung und Ausbeutung, hin zu einem Gefühl der Gemeinschaft mit dem lebenden Erdkörper und all seinen Manifestationen. Und das hat einen ganz wichtigen Effekt: Es löst unsere Hilfsbereitschaft und unsere Kreativität aus." (Urklang, Interview)

 

Strukturontologie - Die Erde lebt

Heinrich Rombach, Der Ursprung,1994

 "Die Erde lebt. Sie hat eine lange Geschichte und ist aus einer Geburt hervorgegangen, hat viele Erdalter durchgemacht und befindet sich jetzt in einem bestimmten Alterszustand, glücklicherweise in einem solchen, durch den sie auf sich selbst wieder viele weitere Strukturen zuzulassen vermag. Alle Strukturen, die auf der Erde leben, stammen von der Erde ab, denn sie sind aus deren Materien und durch deren Gesetzmäßigkeiten gebildet. Die Kinder der Erde könnten nicht leben, wenn nicht die Erde selbst leben würde... Es ist ein sehr schönes Zeichen, dass die alten Kulturen durchweg die Erde als die Urmutter alles Lebendigen, auch als die Urgöttin alle Götter gesehen haben. Die Mythen sind darin wahrer als die Wissenschaften, die sich fast durchweg auf den Unsinn eines toten Seins eingelassen haben."

 

Gaia-Hypothese

1979, James Lovelock, Lynn Margulis 

Aus Wikipedia: Die Gaia-Hypothese besagt, dass die Erde und ihre Biosphäre wie ein Lebewesen betrachtet werden könne, da die Biosphäre (die Gesamtheit aller Organismen) Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen. Die Erdoberfläche bildet demnach ein dynamisches System, das die gesamte Biosphäre stabilisiert. Diese Hypothese setzt eine bestimmte Definition von Leben voraus, wonach sich Lebewesen insbesondere durch die Fähigkeit zur Selbstorganisation auszeichnen.

Die Gaia-Hypothese wurde von der Mikrobiologin Lynn Margulis und dem Chemiker, Biophysiker und Mediziner James Lovelock Mitte der 1970er-Jahre entwickelt.[1]

Der Name leitet sich von Gaia, der Großen Mutter in der griechischen Mythologie, ab. Die Gaia-Hypothese motivierte ihrerseits Beschäftigungsfelder wie Geophysiologie, die Landschaftsökologie in einen holistischen Kontext stellt. ...

In ihrer radikalen Ausprägung besagt die Gaia-These, dass die Erde tatsächlich als lebender Organismus zu denken ist, und damit als eine dem Menschen höhergestellte Lebensform.

Es war dann die 2011 verstorbene Evolutionsbiologin Lynn Margulis, die die Gaia-Theorie wieder ein wenig erdete. Für sie war die Physik von Materie und Umwelt für ein immer wieder neu austariertes Gleichgewicht verantwortlich, durch dieses wurde Leben geschaffen und erhalten. Die Erde lebt hier nicht selber, sie ist keine gutmütige, umsorgende Amme, aber sie ist ein guter Lebensraum. "Gaia is a tough bitch" (Gaia ist ein zähes Luder) lautete das unnachahmliche Fazit von Lynn Margulis angesichts der Tatsache, dass dieses Ökosystem über drei Milliarden Jahre lang ohne Menschen ausgekommen ist und sich auch immer weiter noch entwickeln wird, wenn der Mensch längst von der Erdoberfläche verschwunden ist.

 

Novocän - Cyborgs

Aus einer Buchbesprechung des neuesten Buches von James Lovelock NOVOCÄN, 2020

"James Lovelock, der Schöpfer der Gaia-Hypothese und berühmteste Ökodenker unserer Zeit, ist im vergangenen Juli 100 Jahre alt geworden - und hat ein neues Buch mit einer spektakulären These veröffentlicht. Darin prophezeit er gelassen das Ende des Anthropozäns und den Anbruch einer neuen Zeit: Mit unserer Gegenwart hat das "Novozän" begonnen, das Zeitalter der Hyperintelligenz.

Schon sehr bald wird aus der künstlichen Intelligenz eine neue Art von Lebewesen hervorgehen: Cyborgs, die 10000 mal schneller sein werden als wir. Unsere Lebensform wird ihnen ähnlich entwickelt erscheinen wie uns die Pflanzenwelt. Doch diese Intelligenz wird vermutlich nicht von jener grausamen Art sein, die wir aus den Science-Fiction-Spektakeln aus Hollywood kennen. Denn auch sie wird von dem Überleben unseres Planeten abhängen und sich der großen Klimakatastrophe stellen müssen, die auf uns zurollt. Cyborgs könnten in Wahrheit unsere letzte Rettung sein."

 

Gaia-Erdsystem - Kritische Zone

Bruno Latour, Philosophie Magazin, 10. März 2021,  

"Es ist ärgerlich, wenn manche Leute denken, wir reden über eine Art Muttergöttin, von Mutter Erde. Wenn man jedoch Hesiods Theogonie liest, versteht man, dass Gaia eine Figur ist, die weit von diesen New-Age-Versionen entfernt ist: Sie ist eine Aufwieglerin, die andere zu Verbrechen zwingt, die verhindert, dass Frieden entsteht. Wenn sich Leute über das Wort Gaia aufregen, verwende ich auch „Erdsystem“, was die wissenschaftliche Bezeichnung in der Hypothese ist, oder „kritische Zone“, was den Vorzug hat, präzise zu sein. Die kritische Zone ist die dünne Schicht vom Muttergestein bis zu den Gasen in der Atmosphäre, in der alle heute bekannten Organismen leben. Wir müssen weder die Natur noch die Erde im Allgemeinen schützen, sondern wir müssen uns einfach um diese kritische Zone kümmern. Wir wissen, dass, wenn sie durch Ereignisse gestört wird – zum Beispiel, wenn sich das globale Klima um mehr als 2°C erwärmt – zerstörerische Kettenreaktionen drohen, und dann ist das Überleben vieler Arten, aber auch des Menschen, gefährdet. Sie sehen, Ökologie, wie ich sie verstehe, hat nichts mit „Grün“ zu tun. Auch Städte gehören zu dieser kritischen Zone, auch sie sind bedrohte Orte."

 

Integrale Ökologie - Natur NATUR *NATUR*

Esbjörn-Hargens/Zimmermann - Integrale Ökologie, 2012

"Umweltschützer sprechen oft über die Natur als ein komplexes, dynamisches System, in dem Menschen, so wie andere Tiere und Pflanzen, einfach nur die Fäden in einem kosmischen Gewebe sind, das weder Hierarchie noch eine Richtung hat. Aber wenn Menschen nur die Fäden in der komplexen Anordnung der Dinge sind – das Sein – dann sind sie nicht dazu in der Lage, nach einer Veränderung des Handelns auf der Basis moralischer Verpflichtung – dem Sollen – zu verlangen.

In der noblen Absicht, Tiere und Lebensräume vor der durch den Menschen verursachten Zerstörung zu schützen, nehmen viele Umweltschützer anti-anthropozentrische oder gar misanthropische Haltungen ein. In der Tat würden einige radikale Umweltschützer es gar vorziehen, wenn der Mensch als Ganzes verschwinden würde, wodurch angeblich ein Krebsgeschwür aus dem Netz des Lebens entfernt werden würde.

In dieser Art und Weise sind viele Öko-Romantiker bis heute dem gefolgt, was Wilber als die Prä/Trans-Verwechslung bezeichnet. Weil sie die *NATUR* mit der Natur gleichsetzen und post-egoisches mit prärationalem Gewahrsein verwechselten, sehnten sich die Öko-Romantiker immer wieder „zurück zur Natur“, wobei die Natur hier das Große Netz des Lebens ist. Und die Natur beinhaltet auch die Gefühle der Einheit, die Teil dieses Netzes sind. Sie wollen eins sein mit der Biosphäre (Natur), nicht nur eins mit dem Äußeren der Biosphäre und Noosphäre (NATUR). Obwohl das Äußere der Biosphäre (z. B. Berge und Flüsse) gut sind, betrachteten sie das Äußere der Noosphäre (z. B. Eisenbahnen und Wolkenkratzer) als schlecht. Globalisierung, Klimawandel und von Menschen verursachtes Aussterben von Tieren sind auch Teil der NATUR, aber sie sind nicht Teil der Natur. Die Öko-Romantiker lehnen die oberen Ebenen der NATUR ab, weil sie von der Noosphäre hervorgebracht werden. Stattdessen fokussieren sie sich auf die reineren Aspekte der NATUR – ihre unteren, nicht-kulturellen Ebenen im Äußeren (und auch das Innere, das mit der Natur assoziiert wurde) – und setzen das mit der *NATUR* gleich. Aber wenn wir zurück zur Natur gehen, können wir uns nicht nach vorn der *NATUR* zuwenden, die die Rationalität transzendiert und einschließt und nicht in ein prärationales Gewahrsein regrediert." … 

 

Koevolution

Ralf Fücks, 2019

"Es gibt kein zurück hinter das Anthropozän (Menschenzeitalter), das durch die menschliche Überformung der Natur geprägt ist. Wir müssen die industriell-technische Zivilisation so verändern, dass sie die außermenschliche Natur als Reichtum achtet, statt sie als bloße Ressource auszubeuten. Das bedeutet nicht ein "zurück zur Natur", sondern die beschleunigte Entkopplung von Wohlstandsproduktion und Naturverbrauch… Angesichts von bald 10 Milliarden Menschen auf unserem Planeten braucht es ein nachhaltiges Umwelt-Management, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten: Nicht Unterordnung unter die Natur, sondern bewusste Ko-Evolution mit der Natur auf der Basis von Wissenschaft und Technik."

 

 

 

Freiheit und Offene Gesellschaft vs. Natur als Gottheit

Robert Habeck setzt sich hier mit dem Philosophen Hans Jonas und dessen Buch "Das Prinzip Verantwortung" aus dem Jahre 1979 auseinander. Habeck stellt sein Prinzip Verantwortung daneben und verweist auf große Übereinstimmungen, aber macht auch für ihn entscheidende Unterschiede deutlich. Das gilt besonders beim Blick auf das Verhältnis von Natur und den menschlichen Werten der Freiheit in der offenen Gesellschaft.

 

Robert Habecks Naturbegriff: Im Video bei 46:05 min


Erd-Sphären

 

Physiosphäre vor 4,5 mrd J, Erdentwicklung beginnt                           

 

Biosphäre vor 3,5 mrd J, erste Bakterien -  Gaiasystem:  lebendiger Erdkörper bringt Leben hervor - selbstorganisierend -  Evolution von komplexen Organismen                           

 

Noosphäre vor 200000 J, homo sapiens  -  Sphäre des menschlichen Denkens und Geistes

 

Anthropozän - Technosphäre                 vor 200 J, industr. Revolution                                         

Novozän ??   Zukunft, Cyborgs                                                             

Integrale Ökologie - Naturbegriff

Natur        Biosphäre

NATUR     Biosphäre + Noosphäre

*NATUR*  Biosphäre + Noosphäre in Symbiose

Persönliche Projekte

13.01.2019  Norbert 

Meine Auswertung eines 4-wöchigen Selbstversuches „leben ohne Plastik“:

 

Plastikfrei leben geht in unserer derzeitigen Gesellschaft nicht:

Drei Beispiele:

-Ich gehe aus der Wäscherei mit drei gebügelten Hemden. Ich bemerke erst zu Hause , dass sie geschützt sind mit einer durchsichtigen Plastikhülle. Meine Wahrnehmung war nicht auf Veränderung eingestellt.

 

- Eine über das Internet bestellte CD bestellt, erhalte ich in einer dünnen Plastikfolie eingeschweißt.

- Ein Buch in der Buchhandlung bestellt, erhalte ich beim Abholen in Plastikfolie verpackt. 

Möglich ist, den Plastikverbrauch zu reduzieren:

- Dabei hilft es, sich immer mehr die Haltung zuzulegen: „Ich will meinen Plastikverbrauch reduzieren“.

- Praktisch bedeutet das, die eigene Wahrnehmung, vor allem beim Einkaufen in eine Wahrnehmung die man bezeichnen könnte als „Achtsames Einkaufen“ zu verändern, d.h. ich bin bereit auch da Plastik zu sehen, wo ich es nicht automatisch erwarte.

Es gibt Hoffnung:

Der Leiter eines Lebensmittelmarktes, von mir auf die Plastikthematik angesprochen, meint viele Firmen seien bereits dran Plastik zu reduzieren, da die Kunden dies wollen.

- Wenige Tage später werde ich bei der Drogeriemarktkette DM fündig: Dort werden Bionudeln geführt, die in Papiertüten verpackt sind, was bei Nudeln eine Innovation bedeutet. Ich weiß jetzt wo ich künftig Nudeln kaufe.

- Wiederum einige Tage darauf lese ich in einem Artikel der Lokalzeitung, dass die Caféteria im Krankenhaus Take-away-Geschirr aus Palmblättern und echte Strohhalme statt Plastikhalme eingeführt hat.

 

Sabine Weihnachten 2018

"Meine Ziege arbeitet in Benin, unser Familienesel in Äthiopien"

Caritas&Du schenken mit Sinn

Ich fand den Hinweis im publik forum Heft im Dezember. Und so haben wir uns unter "schenkenmitsinn.at" umgesehen und uns unsere Tiere für unsere Weihnachtsfamilie ausgewählt, d.h. uns ein wenig vertraut gemacht mit den jeweiligen Ländern und der Projektidee mit der Chance, unser Weihnachtszimmer ein Stück zu öffnen und uns mit den Einsatzmöglichkeiten der Tiere zu verbinden mit der Wirklichkeit an anderer Stelle auf der Welt. Die Idee für solche konkreten Schritte finden wir als Geschenk für uns selbst hilfreich und alle waren auf gute Weise froh mit Ziege, Schwein, Esel und vielen Hühnern.
Es gibt eine Fülle Ideen für sehr konkrete Projekte wie der Link zeigt...

 

30.12.2018 Klaus

Wünsche für das Jahr 2019

Angeregt von Norberts Gedanken zum Dialogischen Sprechen bin ich auf diese Aussage des Philosophen, Jesuiten und Unternehmensberaters Michael Bordt gestoßen. In einem Interview mit der WELT vom 29.12.2018 wünscht er sich für das Jahr 2019 eine Weiterentwicklung unserer Gesprächskultur, ähnlich, wie es Norbert beschreibt. Ich halte dies auch für sehr wichtig und will mich bemühen, es im neuen Jahr zu beherzigen. 

Michael Bordts Wunsch für 2019: ...  Dass wir uns mehr zuhören. Das ist nicht leicht, aber im geduldigen Zuhören können wir erkennen, um was es geht, was dem anderen wertvoll ist und was er durch die Empörung, die Aggression schützen möchte. Und wenn wir dann über die Kehrseite der Empörung, also über das, was uns wertvoll ist, über die positive Vision miteinander ins Gespräch kommen könnten, wäre schon sehr viel gewonnen. Selbst wenn die Antworten dann immer noch sehr unterschiedlich sind, wäre das zumindest ein erster konstruktiver Schritt.

 

25.11.2018  Norbert

Dialogisches Sprechen statt diskutieren:

„Seit geraumer Zeit übe ich mich darin meine Kommunikation mit Menschen in Richtung „dialogisches Gespräch“ zu verändern.

Das bedeutet jede / jeder sagt, was sie / er meint und äußern will. Ich nehme das auf und, falls mir etwas einfällt oder in mir hoch kommt, assoziativ vielleicht und ich das dann aussprechen möchte, tue ich dies ebenfalls. Ich bewerte das zuvor Geäußerte nicht als richtig oder falsch, sondern lasse es stehen und ergänze es sozusagen durch das, was ich zu sagen habe.

Es geht um aktives Zuhören, Anteilnahme zeigen und dann aussprechen was ich auch zu sagen habe. Keine Diskussion um den richtigen Standpunkt.

Das ist nicht immer einfach, wenn man auf Menschen trifft, die meinen jede Aussage bewerten zu müssen. Wenn es aber gelingt sind solche dialogischen Gesprächsbegegnungen äußerst bereichernd i.S. von beide Gesprächsteilnehmer (oder auch mehr) fühlen sich verstanden, angenommen und auch mental bereichert.

 

21.11.2018 Klaus

Seit einigen Wochen übe ich mich darin, mich überwiegend vegetarisch zu ernähren, esse aber dazu Eier und Milchprodukte, sowie Fisch. Auf jeden Fall möchte ich Fleisch aus Massentierhaltung ausschließen. 

Gestern Abend an der Fleischtheke von tegut entlang gegangen, in Versuchung geraten, fast... und widerstanden...Hab mir mal auf die Schulter geklopft...😀

 




"Was ist der Kitt, der uns zusammenhält?"

Maja Göpel, Politökonomin und Transformationforscherin über Kintsugi