Europäischer Kolonialismus im 19. JH

Klaus Stephan, 15.11.2018

 

Ein paar Gedanken dazu: In der Hauptzeit des europäischen Kolonialismus war die Standard Bewusstseinsebene  des Individuums und der Kollektive wohl planetenweit die ethnozentrische Sichtweise, wie seit Jahrtausenden zuvor. Stämme, Königreiche und Nationen verfolgten ihre eigenen Interessen, überwiegend mit Gewalt. Das Schicksal der eigenen Gruppe, das eigene Wertesystem, die eigene Religion bestimmte die Haltung zur Welt und zu den Anderen. Die Anderen waren meist die Mitkonkurrenten, die Feinde, die Minderwertigen, die Unmenschen.
Durch den europäischen Aufbruch in die Moderne im Gefolge der Aufklärung, mit Wissenschaft und Forschung und der Industrialisierung wuchs die wirtschaftliche, technologische und militärische Potenz der Europäer relativ zu den anderen Regionen gewaltig an. Europäische Kolonialmächte wie die Briten gelangten faktisch zur Weltherrschaft, mit all ihren aus heutiger Sicht überaus problematischen Folgen für die beherrschten Völker und Kulturen. 

Gleichzeitig entwickelte sich aber auch mit der Moderne und der Aufklärung der entscheidende Schub zum Transzendieren des Ethnozentrismus hin zu freiheitlichem egalitären Weltzentrismus. Dies ermöglicht heute eine langsame,  schrittweise mühselige Veränderung des historischen Standardparadigmas von Herrschaft und Ausbeutung hin zu immer mehr Kooperation in gesamtplanetarischer Verantwortung.

Dieser Bewusstseinswandel hin zur Bewusstseinsstufe einer weltzentrischen Postmoderne ist ja in  scheinbar paradoxer Weise ausgerechnet in diesem "kolonialistisch kapitalistischen Westen" passiert, der zudem den Globalisierungsprozess enorm beschleunigt hat.

Es erscheint mir aber wesentlich für die integrale Betrachtung, diesen ambivalenten Blick auf das aus meiner Sicht systemisch bedingte Zerstörerische UND das systemisch bedingte Rettende der MODERNE halten zu können. Und dann konstruktive Wege in die Zukunft aufzuzeigen. Viele Diskussionen spiegeln immer wieder eine unterschwellige Grundhaltung, dass die MODERNE eigentlich ein Irrläufer der Evolution ist. Ja was nun? Wenn die Spiraltheorie Wahrheit enthält, dann produziert die Moderne nahezu unvermeidlich die zu beobachtenden Disruptionen im mentalen und materiellen Bereich. Es wächst das Gefühl, dass die Weiterentwicklung der Moderne zur Postmoderne mit Nachhaltigkeit und planetarischem Verantwortungsbewusstsein nicht schnell genug gelingen könnte. Dieser Ausgang ist möglich. Aber ohne den Blick in den Abgrund wird sich das Rettende nicht ausreichend entwickeln können. Also gehen wir aushaltend  und wissend und mit der nötigen Gelassenheit UND mit der nötigen Leidenschaft für Veränderung  mit all dem um.